Ein Grenzenloser
„Ich war noch nie in Unken.“ Diese ebenso spektakuläre, wie überraschende Überschrift trägt ein Kapitel im neuen Buch des Salzburger Autors Karl-Markus Gauß. Er, der Vielgereiste, für den Grenzen nur im Kopf zu existieren scheinen, kennt viele Regionen Europas besser, als die unmittelbare Umgebung der Stadt, in der er geboren wurde. „Obwohl diese Gemeinde im Norden des Pinzgaues nur eine knappe Autostunde von der Stadt Salzburg entfernt liegt und einer der schönsten Flecken des Landes sein soll, war ich noch nie in Unken“, schreibt Gauß.
Ich kann nicht beurteilen, ob Unken einer der schönsten Flecken des Landes ist, aber der Autor war auch noch nicht in St. Martin! Und da hat er wirklich etwas versäumt! 😉
Am Freitag war er zumindest in Zell am See. Das Publikum seiner Lesung im Steinerwirt war vermutlich auch noch nicht in den meisten Gebieten, über die der Schriftsteller so anschaulich schreibt.
Ein zentrales Thema seiner Reisereportagen sind nationale Minderheiten und Ethnien in Mittel- und Südosteuropa. Die eigenen Eltern warenNachfahren einer Minderheit in Jugoslawien, sogenannte Donauschwaben. Sie waren 1945 als Flüchtlinge nach Salzburg gekommen. Darum kennt Gauß diese Länderwohl besser als seine Westentasche. Aber je weiter er in der Welt herumgekommen sei, umso stärker empfinde er es als schuldhaftes Versäumnis, sich das Land Salzburg nicht zu eigen gemacht zu haben, so der Autor. Seit dem Unterricht in Heimatkunde sei er von den wunderlich schönen Namen der Gebirgszüge fasziniert gewesen, aber weder das Steinerne Meer, noch die Übergossene Alm habe er je bestiegen.
Die Anhänger seiner Werke wie„Die sterbenden Europäer“, „Die Hundeesser von Svinia“, „Die versprengten Deutschen“ und „Wirtshausgespräche“ werden das kaum bedauern.
Würde sich Herr Gauß mehr in den heimischen Alpen herumtreiben, hätte diese Themen vermutlich niemand aufgegriffen und das Schicksal dieser Minderheiten niemand beachtet.
Also reisen Sie bitte ruhig weiter Herr Gauß! Und kommen dann zur nächsten Lesung hoffentlich ins Untere Saalachtal … 😉