Von Brüdern und Schwestern
Was haben Winnetou und Maria Kirchental gemeinsam?
Zugegeben, die Frage ist ein bißchen reißerisch, aber solche Einstiege braucht es anscheinend heutzutage, damit ein Text überhaupt noch gelesen wird. Hätte ich geschrieben „Das Skapulierfest war wieder sehr schön“ hätte das wohl kaum wen interessiert. Also. Winnetou und Kirchental. Scheint weit hergeholt, aber es gibt tatsächlich eine Verbindung und die .
„Also eine Blutsbruderschaft, eine richtige, wirkliche Blutsbruderschaft, von der ich so oft gelesen hatte! Sie kommt bei vielen wilden oder halbwilden Völkerschaften vor und wird dadurch geschlossen, daß die beiden Betreffenden entweder Blut von sich mischen und dann trinken oder daß das Blut des Einen von dem Andern und so auch umgekehrt getrunken wird. Die Folge davon ist, daß diese Beiden dann fester, inniger und uneigennütziger zusammenhalten, als wenn sie von Geburt Brüder wären. Hier war es so, daß ich Winnetous Blut und er das meinige trinken sollte.“
Nachzulesen bei Karl May, der zwar bekanntlich seine Reise-Erzählungen frei erfunden hat, aber das ist eine andere Geschichte. Der Deutsche hatte eine blühende Fantasie, aber Fakt ist, dass in Europa rituelle Bräuche, wie Bruderschaft schließen und trinken, üblich sind. Allerdings ohne Blut. Diese Handlungen sind auf die seit Jahrhunderten bestehenden Bruderschaften zurückzuführen. Je nach ihren Interessen sind das vor allem Zusammenschlüsse für religiöse oder wohltätige Zwecke. Zu erkennen sind sie bei öffentlichen Auftritten durch eine gemeinsame Bekleidung oder andere Merkmale. Wie der Name schon sagt, beziehen sich diese Gemeinschaften auf Brüderlichkeit als eine ihrer Grundlagen. Umso erstaunlicher, dass bei der Skapulierbruderschaft von Maria Kirchental bereits bei der Gründung im Jahr 1712 ausdrücklich auch Frauen zugelassen waren.
Mitglieder einer Skapulierbruderschaft fühlen sich besonders der Gottesmutter verbunden. Laut Wikipedia sollen sie keusch leben, außerdem die marianischen Tageszeiten beten oder mittwochs, freitags und samstags auf Fleischspeisen verzichten oder täglich den Rosenkranz beten. Von den rund 50 Mitgliedern der Skapulierbruderschaft von Maria Kirchental sind die Frauen bereits in der Mehrzahl, seit einigen Jahren gibt es sogar eine weibliche Leiterin der Skapulierbruderschaft. Während die Männer traditionell ein rotes Schulterkleid, das Skapulier tragen, demonstrieren die Frauen ihre Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft durch einen roten Schal.
Das schaut ziemlich beeindruckend aus, darum ist das jährliche Skapulierfest in Maria Kirchental auch immer ein besonders schönes Erlebnis. Es wurde heuer zum Glück trotz Corona abgehalten, allerdings im Freien, vor dem Pinzgauer Dom und ohne die sonst übliche Prozession. Rektor Ludwig Laber, Pater Anton Ringseisen und Pfarrer Goran Dabic feierten den Gottesdienst mit den Gläubigen, den Loferer Schützen und den Trachtenfrauen des Saalachtales. Die musikalische Umrahmung wurde vom Bläserquintett Weißbach gestaltet.
Pater Ringseisen nahm in seiner bewegenden Predigt auch Bezug auf die aktuellen Sorgen durch Corona. Er erinnerte an die Pest, die ab 1650 in Salzburg viel Elend gebracht und ab 1680 in St. Martin besonders schlimm gewütet habe. Der Pater nimmt an, dass die Seuche der Grund dafür war, dass damals die Ölbergkapelle errichtet wurde. Sie steht am Weg nach Kirchental und ist älter als der Pinzgauer Dom, der im Jahr 1701 geweiht wurde. „Dieses kleine Virus zeigt uns was wirklich wichtig ist, wir müssen uns gegenseitig unterstützen“, erklärte Pater Ringseisen.
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