Der stolze Rossinger

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Dieses Bild von meinem Nachbar Seppi entstand zu seinem 90. Geburtstag am 20. Februar. Es war gar nicht so einfach das Foto zu machen. Nicht etwa wegen der Pferde, dem Wetter oder weil der Seppi nach einem Sturz immerhin eine schwere Knieoperation hinter sich hat. Nein, der passende Hut wurde nicht gefunden. Garderobe, Stube, Stall – alles abgesucht, kein Hut.
Das heißt es standen zwar einige HĂŒte zur Auswahl, aber anscheinend war keiner der richtige. Es schien zwar keinen Grund zu geben warum die nicht fĂŒr’s Foto taugen, aber der Seppi war auf der Suche nach einem ganz bestimmten Hut. Als er schließlich unter einer achtlos abgelegten Jacke auftauchte, war auch klar warum:  Dieser Hut hat mehrere Abzeichen drauf, darum war es meinem Nachbarn so wichtig, genau diesen aufzusetzen.  Leider sieht man sie auf dem Foto aber ohnehin nicht.
Der Seppi ist nicht nur im Saalachtal, sondern auch weit darĂŒber hinaus bekannt, sei es wegen seinen Bienen, der Norikerzucht, der Musi, der Schnapsbrennerei, aber auch seiner Kenntnisse ĂŒber das Schneiden von ObstbĂ€umen.  Vor allem aber weil er ein unglaublich geselliger Mensch ist, und eine beneidenswerte Frohnatur.

Zu seinem runden Geburtstag erschien dieses Portrait im „Salzburger Bauer“, darĂŒber hat er sich sehr gefreut:

Der Ă€lteste Sohn vom Neumeisterbauer in St. Martin ist in eine schwierige Zeit geboren. Die Kindheit war geprĂ€gt vom Krieg, dem er nur knapp entronnen ist. „Wir Burschen wurden 1945 noch nach Bad Gastein geschickt um fĂŒr den Kampfeinsatz Skifahren zu lernen. Am Abend mussten wir uns Nazi-Ideologie anhören. Zum GlĂŒck wurden wir aber nicht mehr eingezogen“, schildert der körperlich und geistig fitte Jubilar, den ich fĂŒr‘s Interview in seiner Werkstatt antreffe, wo er damit beschĂ€ftigt ist Bienenrahmen herzustellen.

"Die tun nix, die sind brav", sagt der Imker ĂŒber seine Bienen.

Die Liebe zu den Bienen begleitete den Seppi das ganze Leben. Bereits mit 10 Jahren hat er die Stöcke des Vaters, der im Krieg war, ĂŒbernommen. „Der Honig war damals sehr gefragt. In dieser schweren Zeit hat man ja sonst nichts bekommen“, erzĂ€hlt der Imker. „Noch schlimmer war es aber nach dem Krieg, da hat es gar nichts mehr gegeben,“ erinnert er sich. Seine drei BrĂŒder und er verdienten sich Geld mit harter Holzarbeit. Jahrelang verbrachten sie die Wintermonate in Deutschland, wo tĂŒchtige Holzknechte gefragt waren. DafĂŒr musste er aber die Bienen vernachlĂ€ssigen, schildert er mit Bedauern.

 

Auch seine zweite Leidenschaft, die Musik, konnte er in diesen Jahren nicht wie gewohnt pflegen. Mit 15 wurde er Mitglied der Trachtenmusikkapelle und ist ihr 50 Jahre lang treu geblieben. Auch heute noch versĂ€umt er kein Konzert und ist einer der Letzten beim Heimgehen. Im Saalachtal kursieren viele lustige Anekdoten von AusflĂŒgen, Konzerten und anderen Veranstaltungen, in denen der Seppi eine zentrale Rolle spielt. Zu seinem Ruhm trugen auch seine EinsĂ€tze als Tanzlmusi bei.

 

Gruppe alt„Zu siebt waren wir auf den Almen unterwegs und haben zur Gaudi gespielt“, lacht der humorvolle Senior und schwelgt in Erinnerungen. Die Gruppe war damals sogar extra beim Fotograf, Josef Pfannhauser stehend 2. von links, Richard DĂŒrnberger sitzend rechts.
Gespielt wurde nach Gehör, die StĂŒcke, wie die „Herz-Schmerz-Polka“, habe man sich im Radio „abgehört“. „Bald waren wir auch auf Hochzeiten gefragt  und haben mit der Musik etwas verdient“. Er hat schöne Fotos von diesen AusrĂŒckungen, viele zeigen ihn und seine Freunde auf den Almen mit feschen Sennerinnen.
Links: Seppi und Richard

Links: Seppi und Richard

Die meisten hat er mit Selbstauslöser gemacht, denn fotografieren war eins seiner liebsten Hobbys. Zu einer Zeit, als noch niemand einen Fotoapparat besessen hat. Viele Winteraufnahmen zeigen die Kameraden auch auf Skitouren, denn er war zu jeder Jahreszeit leidenschaftlich gern in den Bergen unterwegs war. „Da waren wir oft reimig“, meint er rĂŒckblickend, denn die Lawinengefahr hĂ€tten sie damals nicht beachtet.

 

Bekannt ist er auch als „Ross-Spinner“, wie er sich selber lachend bezeichnet. Am Neumeistergut sind die Pferde nie abgekommen, auch nicht als Traktoren modern geworden sind. „Ich habe die Rösser ja auch fĂŒr die Holzarbeit gebraucht“, erzĂ€hlt das Geburtstagskind.Bekannt ist er auch als „Ross-Spinner“, wie er sich selber lachend bezeichnet. Am Neumeistergut sind die Pferde nie abgekommen, auch nicht als Traktoren modern geworden sind. „Ich habe die Rösser ja auch fĂŒr die Holzarbeit gebraucht“, erzĂ€hlt das Geburtstagskind. Mit dem steigenden Tourismus wurden die Noriker auch fĂŒr Pferdekutschenfahrten eingesetzt. Es freut den Seppi besonders, dass Sohn Stefan nicht nur den Hof ĂŒbernommen hat, sondern auch die Liebe zu den Pferden teilt und die Norikerzucht fortfĂŒhrt.

IMG_4764Landesweit war und ist der Seppi auch als Obstbaumexperte gefragt. Schneiden und veredeln der BĂ€ume hat er ebenfalls als Kind gelernt, vom Bruder des Großvaters, der auch Schnapsbrenner war – und ihm diese Kunst natĂŒrlich auch beigebracht hat. „Weit ĂŒber 100 BĂ€ume habe ich gehabt, davon allein 50 ZwetschkenbĂ€ume. Heute hat damit keiner mehr eine Gaudi, das Obst wird ja lieber im Lagerhaus gekauft“. Es tut ihm weh, wenn BĂ€ume nicht fachmĂ€nnisch oder gar nicht geschnitten werden. Darum klettert er – zum Leidwesen seiner Familie – manchmal auch selber noch auf die Leiter und legt Hand an.

 

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