Happy Birthday Amadou
„Wir gehen jetzt nach Afrika“ erklĂ€rt Tourguide Peter resolut und marschiert mit seiner Gruppe zielstrebig Richtung SĂŒden. Mit Bildern von WĂŒste, Hitze und ausgedörrten Böden im Kopf machen sich die Teilnehmer der FĂŒhrung auf den Weg und folgen dem Guide.
Allerdings waten sie bald knöcheltief im Schlamm, es schĂŒttet in Strömen, ein eisiger Wind lĂ€sst sie frieren. Afrika haben sie sich anders vorgestellt. „In Afrika ist jetzt Winter“, zerstreut Peter die aufkeimenden Nörgeleien der Besucher.
Die Gruppe befindet sich in einem Teil des Salzburger Zoos und ist nur gekommen, um Amadou, das Nashornbaby zu sehen. Der Kleine ist erst vor kurzem geboren und bereits die groĂe Attraktion des Hellbrunner Tiergartens, quasi der Knut von Salzburg. Mit dem Hype um den berĂŒhmten EisbĂ€r in Berlin kann er aber noch nicht mithalten, dazu wird er auch nicht entsprechend vermarktet. Und ehrlich gesagt, also eine Schönheit ist so ein Nashorn ja nicht unbedingt. Zwar sehr beeindruckend, aber kuscheln wĂŒrde man wohl doch lieber mit einem putzigen (Teddy) BĂ€r.
Aber das Baby ist eine Sensation, weil sich die Tiere unter menschlicher Beobachtung nur sehr selten fortpflanzen. Kein Wunder, dĂŒrfte ein Liebesspiel zwischen einem 3-Tonnen Bullen und seiner 2-Tonnen AuserwĂ€hlten wohl mit einigen MĂŒhen verbunden sein. In Hellbrunn hat vor rund 500 Tagen aber die Chemie gestimmt, Tamu wurde schwanger. Eine völlig neue, unbekannte Situation, nicht nur fĂŒr das Nashornweibchen, sondern auch fĂŒr die Pfleger, die sich und die Mutter  intensiv auf die Geburt vorbereiten. Das geht soweit, dass sie kleine Ziegen in das Gehege lassen, damit Mama Nashorn sich daran gewöhnen kann, stĂ€ndig einen kleinen Fratz zwischen den Beinen zu haben. Eine perfekte Taktik, wie sich nach der problemlos verlaufenen Geburt herausstellt.
Das lebhafte Baby macht, was alle Babys der Welt, egal ob zwei- oder mehrbeinig, nackt oder behaart, 2 oder 100 Kilo, gern tun: Es will spielen und die Umgebung kennen lernen.
Bei aller Liebe scheint der kleine Kerl seiner Mama damit  manchmal ziemlich lÀstig zu sein. Sie wirkt wenig erfreut von seinen Versuchen, Aufmerksamkeit zu erheischen. Aber wehe, die Besucher kommen ihrem Amadou zu nahe.
Mit einer Schnelligkeit und BehÀndigkeit, die man der schwergewichtigen Dame gar nicht zugetraut hÀtte, kommt sie zum Zaun, wehrt die vermeintliche Bedrohung mit ihrem mÀchtigen Horn ab und drÀngt den Kleinen weg von den Leuten, die um seine Aufmerksamkeit buhlen.
Dem 100 Kilo-Baby fehlt noch, was seine Artgenossen so begehrt fĂŒr Wilderer macht: das kostbare Horn. Seinetwegen ist ihre Art vom Aussterben bedroht. Reiche Protze, die nicht wissen, wie sie ihr oft auf fragwĂŒrdige Weise verdientes Geld möglichst sinnlos verschwenden könnten, schenken sich diese TrophĂ€en, um kurzfristig Aufmerksamkeit zu erhalten.
Dann verstauben die lÀstigen Mitbringsel vermutlich in einer Kellerbar und werden beim nÀchsten Umbau entsorgt. Auch als Aphrodisiakum findet das pulverisierte Horn gern Verwendung. Der (Aber-) Glaube, das Mittel der mÀchtigen Tiere könne die Potenz steigern, scheint nicht aus zu rotten. Die Nashörner dagegen sehr wohl.
Ohne das Artenschutzprogramm wĂŒrde es sie in freier Wildbahn bald nicht mehr geben, erlĂ€utert Peter. Er spricht im Zusammenhang mit der Wilderer-Mafia von KriegszustĂ€nden. Viel wurde versucht, diesen Organisationen das Handwerk zu legen. Man hat den Tieren prĂ€ventiv das Horn entfernt, oder versucht es durch diverse Anstriche fĂŒr die Wilderer uninteressant zu machen. Chips wurden installiert, aber letztlich hat sich keine Methode als brauchbar erwiesen.
„Man muss das Bewusstsein schĂ€rfen“, appelliert Peter an seine Gruppe, die das Baby jetzt mit anderen Augen betrachtet. Hier ist es in Sicherheit, geborgen unter Menschen, die es beschĂŒtzen. Seine Freunde in Afrika werden massakriert, fĂŒr das zweifelhafte VergnĂŒgen reicher Bonzen. Amadou ist nicht nur ein niedlicher Besuchermagnet, er ist ein Botschafter. Er vermittelt, dass es nicht egal ist, wenn weit weg, irgendwo in Afrika, Tiere sinnlos ermordet werden und ihre Art dadurch gefĂ€hrdet ist aus zu sterben.
Afrika ist ĂŒberall, auch im frostigen Salzburg.
Diese Woche feierte Amadou seinen 1. Geburtstag. Der „Kleine“ hat mĂ€chtig zugelegt und noch ein Geschwisterchen bekommen. Zoo-GeschĂ€ftsfĂŒhrerin Sabine Grebner erklĂ€rte der Presse: âUnser Erstgeborener hat sich prĂ€chtig entwickelt. Mittlerweile bringt der Kleine rund 330 Kilogramm Gewicht auf die Waage“.
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