Happy Birthday Amadou

Zoo-053„Wir gehen jetzt nach Afrika“ erklärt Tourguide Peter resolut und marschiert mit seiner Gruppe zielstrebig Richtung Süden. Mit Bildern von Wüste, Hitze und ausgedörrten Böden im Kopf machen sich die Teilnehmer der Führung auf den Weg und folgen dem Guide.

Allerdings waten sie bald knöcheltief im Schlamm, es schüttet in Strömen, ein eisiger Wind lässt sie frieren. Afrika haben sie sich anders vorgestellt. „In Afrika ist jetzt Winter“, zerstreut Peter die aufkeimenden Nörgeleien der Besucher.

Die Gruppe befindet sich in einem Teil des Salzburger Zoos und ist nur gekommen, um Amadou, das Nashornbaby zu sehen. Der Kleine ist erst vor kurzem geboren und bereits die große Attraktion des Hellbrunner Tiergartens, quasi der Knut von Salzburg. Mit dem Hype um den berühmten Eisbär in Berlin kann er aber noch nicht mithalten, dazu wird er auch nicht entsprechend vermarktet. Und ehrlich gesagt, also eine Schönheit ist so ein Nashorn ja nicht unbedingt. Zwar sehr beeindruckend, aber kuscheln würde man wohl doch lieber mit einem putzigen (Teddy) Bär.

Aber das Baby ist eine Sensation, weil sich die Tiere unter menschlicher Beobachtung nur sehr selten fortpflanzen. Kein Wunder, dürfte ein Liebesspiel zwischen einem 3-Tonnen Bullen und seiner 2-Tonnen Auserwählten wohl mit einigen Mühen verbunden sein. In Hellbrunn hat vor rund 500 Tagen aber die Chemie gestimmt, Tamu wurde schwanger. Eine völlig neue, unbekannte Situation, nicht nur für das Nashornweibchen, sondern auch für die Pfleger, die sich und die Mutter  intensiv auf die Geburt vorbereiten. Das geht soweit, dass sie kleine Ziegen in das Gehege lassen, damit Mama Nashorn sich daran gewöhnen kann, ständig einen kleinen Fratz zwischen den Beinen zu haben. Eine perfekte Taktik, wie sich nach der problemlos verlaufenen Geburt herausstellt.

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Das lebhafte Baby macht, was alle Babys der Welt, egal ob zwei- oder mehrbeinig, nackt oder behaart, 2 oder 100 Kilo, gern tun: Es will spielen und die Umgebung kennen lernen.

Bei aller Liebe scheint der kleine Kerl seiner Mama damit  manchmal ziemlich lästig zu sein. Sie wirkt wenig erfreut von seinen Versuchen, Aufmerksamkeit zu erheischen. Aber wehe, die Besucher kommen ihrem Amadou zu nahe.

Mit einer Schnelligkeit und Behändigkeit, die man der schwergewichtigen Dame gar nicht zugetraut hätte, kommt sie zum Zaun, wehrt die vermeintliche Bedrohung mit ihrem mächtigen Horn ab und drängt den Kleinen weg von den Leuten, die um seine Aufmerksamkeit buhlen.

Zoo-047Dem 100 Kilo-Baby fehlt noch, was seine Artgenossen so begehrt für Wilderer macht: das kostbare Horn. Seinetwegen ist ihre Art vom Aussterben bedroht. Reiche Protze, die nicht wissen, wie sie ihr oft auf fragwürdige Weise verdientes Geld möglichst sinnlos verschwenden könnten, schenken sich diese Trophäen, um kurzfristig Aufmerksamkeit zu erhalten.

Dann verstauben die lästigen Mitbringsel vermutlich in einer Kellerbar und werden beim nächsten Umbau entsorgt. Auch als Aphrodisiakum findet das pulverisierte Horn gern Verwendung. Der (Aber-) Glaube, das Mittel der mächtigen Tiere könne die Potenz steigern, scheint nicht aus zu rotten. Die Nashörner dagegen sehr wohl.

Ohne das Artenschutzprogramm würde es sie in freier Wildbahn bald nicht mehr geben, erläutert Peter. Er spricht im Zusammenhang mit der Wilderer-Mafia von Kriegszuständen. Viel wurde versucht, diesen Organisationen das Handwerk zu legen. Man hat den Tieren präventiv das Horn entfernt, oder versucht es durch diverse Anstriche für die Wilderer uninteressant zu machen. Chips wurden installiert, aber letztlich hat sich keine Methode als brauchbar erwiesen.

„Man muss das Bewusstsein schärfen“, appelliert Peter an seine Gruppe, die das Baby jetzt mit anderen Augen betrachtet. Hier ist es in Sicherheit, geborgen unter Menschen, die es beschützen. Seine Freunde in Afrika werden massakriert, für das zweifelhafte Vergnügen reicher Bonzen. Amadou ist nicht nur ein niedlicher Besuchermagnet, er ist ein Botschafter. Er vermittelt, dass es nicht egal ist, wenn weit weg, irgendwo in Afrika, Tiere sinnlos ermordet werden und ihre Art dadurch gefährdet ist aus zu sterben.

Afrika ist überall, auch im frostigen Salzburg.

Diese Woche feierte Amadou seinen 1. Geburtstag. Der „Kleine“ hat mächtig zugelegt und noch ein Geschwisterchen bekommen. Zoo-Geschäftsführerin Sabine Grebner erklärte der Presse: „Unser Erstgeborener hat sich prächtig entwickelt. Mittlerweile bringt der Kleine rund 330 Kilogramm Gewicht auf die Waage“.

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