Alma Mater Rudolphina
„Grundbegriffe von Recht und Staat für Politikwissenschaftler“ – meine erste Vorlesung an der Uni Wien. Ein Schock!
Massenveranstaltung.
Hunderte Maturantinnen und Maturanten, noch den Schulalltag unter den Fingernägeln, aber plötzlich in der vermeintlichen Freiheit der Wissenschaft gefangen.
Viele müssen aus Platzmangel auf den Fensterbänken und am Boden sitzen. Ein Phänomen bei allen Einführungs-Pflichtvorlesungen. Auch inhaltlich habe ich diese nicht in bester Erinnerung.
Man war ja jung und naiv, hat gedacht man könnte sich beim Studium die Rosinen rauspicken und sich die interessanten Veranstaltungen aussuchen. Dann landet man bei „Einführung in die Methodenlehre empirischer politischer Forschung“. I und II wohlgemerkt. Von „Statistik für Politikwissenschaftler“ gar nicht zu reden! Mäßig spannend.
Wir reden übrigens von einem Zeitalter, als noch mit Handschrift und Schreibmaschine gearbeitet wurde. Ziemlich lästige Angelegenheit, Seminararbeiten schreiben, deren Konzept man schon genau vorher festlegen musste. Kein delete, kein nachträgliches einfügen, nur das mühsame Spiel mit dem Tipp-Ex.
„Früher war alles besser“ kann ich jedenfalls nicht bestätigen. Aber wer weiß, wie es den ersten Studenten ergangen ist, damals vor genau 650 Jahren, im März 1365, als die Uni Wien gegründet wurde. Die hatten sicher auch ihre Sorgen, Geldmangel war jedenfalls auch damals bereits ein Thema. Immerhin waren im Mittelalter nicht nur Studiengebühren zu zahlen, sondern auch Prüfungstaxen zu entrichten. Einschreiben konnten sich bereits 14 Jährige, vorausgesetzt sie beherrschten die lateinische Sprache, die an der Universität vorgeschrieben war!
Frauen duften erst 1897 studieren, weitere 100 Jahre dauerte es, bis die erste Rektorin ernannt wurde. Ohne die Unireform von Bruno Kreisky wäre auch mir ein Studium trotzdem nicht möglich gewesen. Erst durch den gebührenfreien Zugang zu allen Universitäten öffneten sich ab 1972 deren Türen und Tore auch für bildungsferne Schichten.
650 Jahre Uni Wien! Die paar Jahre, die ich dort verbracht habe, waren eine interessante Erfahrung, auch wenn ich mir das Diplom eigentlich auf’s Häusl hängen könnte …
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