Geben & Nehmen
Dankeschön? Geschenk? Bestechung?
Feiertage und Jahreswechsel, da blüht in Österreich viel Brauchtum. Aber nicht nur Nikolaus, Krampus, Christkind und Sternsinger kommen um diese Zeit ins Haus. Gern läutet auch der Briefträger, der die Post sonst nur im Kastl deponiert, und überbringt Gute Wünsche. Der Kaminkehrer schaut mit einem Kalender vorbei. Es ist üblich, dass sie ein Trinkgeld erhalten, dessen Höhe sich nach dem Grad der Zufriedenheit mit ihren Leistungen richtet. Wer will kann sich auch bei Hausmeister, Arzt, Friseur etc. mit einer Spende bedanken. Auch bei seinem Zeitungszusteller könnte man sich bedanken, sofern er diese nicht regelmäßig in den Gatsch wirft … Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Der Dankbarkeit sehr wohl.
Denn dank „Anfütterungsverbot“ steckt man mit dieser Tradition schon halb im Kriminal.
Amtsträger dürfen nur noch „ortsübliche Aufmerksamkeiten“ annehmen, sonst können sie sich erhebliche Probleme einhandeln. Ebenso wie die wohlmeinenden Spender. Die Unternehmen haben oft eigene strenge Richtlinien definiert. Aber wer fragt schon bei der Post nach, bevor er seinem braven Briefträger ein Kuvert in die Hand drückt, wie viel erlaubt ist? Und soll der Postler sofort nachschauen welcher Betrag im Kuvert ist, und womöglich einen Teil zurückgeben? Was Lehrer annehmen dürfen ist extrem heikel. Das ist auch bei den deutschen Nachbarn so. Dort wurde eine Lehrerin gerade zu einer Strafe von 4000 Euro verurteilt. Die Schüler ihrer Maturaklasse hatten zusammengelegt, und als Abschiedsgeschenk 200 Euro für sie gesammelt. Leider zu viel des Guten. Angezeigt wurde sie übrigens von dem Vater einer Schülerin…
Aber nicht nur die Höhe ist tückisch, auch die Definition eines Amtsträgers ist weiter gefasst, als man vermuten würde. Dem netten Mechaniker, der das Pickerl so rasch gemacht hat ein Trinkgeld in die Hand drücken? Ist streng genommen schon ein kritischer Fall. Das „Anfüttern“ in der Privatwirtschaft wird strafrechtlich zwar nicht geahndet. Der vermeintliche Geschäftspartner eines Privatbetriebes kann aber sehr wohl Amtsträger sein, wenn das Unternehmen, durch den Rechnungshof kontrolliert wird
Nun ist diePinzgauerin wahrlich keine Verfechterin des Trinkgeldes. Diese heikle Mission liegt ihr jedes Jahr im Magen. Soll man etwas geben? Wem? Wie viel? Warum? Und vor allem Wie, ohne dass es peinlich ist? Schreckliche Situation. Sie bevorzugt ohnehin Sachspenden in Form von Wein, Schokolade etc. Finanzielle Zuwendungen erfolgen vorzugsweise unmittelbar für eine Leistung, dh. wenn man den Kaminkehrer sowieso fürs Kehren zahlen muss, rundet man eben ein bissl auf.
Aber was steckt hinter dieser „Tradition“? Wieso tun wir das? Wollen wir uns Wohlwollen „erkaufen“? Im Fall der Lehrerin wohl eher nicht, da die Abschlussklasse ja nichts mehr davon hat, wenn sie ihre eine Freude macht. Aber der Grat zum Missbrauch ist sicher schmal. Gerade hier am Land, wo ohnehin jeder jeden kennt, ist eine gewisse Einflussnahme nicht zu leugnen. Beim Zeitungszusteller mag das harmlos sein. Möge er im Neuen Jahr vielleicht die Zeitung doch etwas liebevoller ins nasse Gras schmeißen. Aber gibt es wirklich einen guten Grund, Gemeindemitarbeitern etwas zu geben? Ist meist sicher gut gemeint, aber hat man nicht vielleicht doch auch die nächste Bauverhandlung im Hinterkopf …? Kann es sein, dass man auf eine vorteilhaftere Behandlung hofft?
Das System funktionierte lange auch in die umgekehrte Richtung.
Es war durchaus üblich, dass ein Amtsleiter gleichzeitig Versicherungsvertreter war und nach der Bauverhandlung gleich die entsprechenden Polizzen präsentierte! Zu Weihnachten wurden die Kunden, sprich Gemeindebürger, mit Kugelschreiber, Kalender und Notizblöcken beglückt. Ein gegenseitiger Geschenkeaustausch quasi.
Eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst die Unparteilichkeit und Unbefangenheit des Beamten beeinflusst kann, ist heute nicht mehr möglich.
Österreich hat sich übrigens im aktuellen Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) leicht verbessert. Nach Rang 26 im Vorjahr befindet sich unsere Alpenrepublik nun am 23. Platz. Hey, das muss doch gleich gefeiert werden. Vielleicht mit dem Sekt vom Herrn Generaldirektor …
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