Prügelorgien
Mea Culpa – auch ich habe geprügelt!
Diese sturen Rindviecher, die sich nicht von der Stelle rühren wollten. Oder die extra eine falsche Richtung einschlugen, nur um mich zu ärgern. Aber dazu hatte man ja einen Stecken. Zum reindreschen. In meinem früheren Leben als Bauernkind habe ich mir nicht viel dabei gedacht.
Ich kann mich auch nicht erinnern, dass die Hennen der Legebatterie des Nachbarn besonderes Mitleid bei mir erweckt hätten. Der Gestank war zwar unerträglich, der Lärm ebenso, aber das Schicksal der zerrupften Hennen, die in die Käfige gepfercht waren, hat mich nicht sonderlich gerührt.
Die Schweine, die sich die Seele aus dem Leib geschrieen haben, auf ihrem letzten Gang. Eh schlimm, aber irgendwie auch aufregend … Ein Bauernhof ist kein Streichelzoo und in der Regel kein Ort für Sentimentalitäten. Schon gar nicht für besondere Feinfühligkeit. Dass Kühe den ganzen Tag an der Kette hängen, die Kälber auf Spaltböden stehen, und Kälbchen gleich nach der Geburt von ihren Müttern getrennt werden, kam einem selbstverständlich vor.
Irgendwann verlässt man diese Welt, räumlich und gefühlsmäßig. Erkennt dass man nicht damit leben kann, dass Tier gequält werden, um auf dem eigenen Teller zu landen. Seit mehr als 20 Jahren esse ich kein Fleisch mehr, um diesen Wahnsinn nicht zu unterstützen. Das hat mir viel Kritik und einigen Ärger eingebracht. Weil ausgerechnet ich, die doch selber von einem kleinen Bauernhof kommt… „Bei welcher Sekte bist du eigentlich“, hat mich ein Verwandter bei jedem Treffen genervt.
Ich denke ich war nie militant oder missionarisch unterwegs. Allerdings fühlen sich die Fleischesser von mir allein dadurch provoziert, dass ich verweigere, was sie am Teller haben. Wer es nicht herausfordert kann aber durchaus mit mir essen gehen und sein Schnitzel genießen, ohne dass ich Vorträge über Massentierhaltungen auftische. Jeder ist für sein Verhalten schließlich selber verantwortlich.
Diese Einstellung fällt mir zunehmend schwerer. Weil wenn jemand mit seinem Verhalten anderen Lebewesen schadet, kann diePinzgauerin nicht tatenlos zusehen und würde am liebsten zur Wutbloggerin mutieren. Die Prügelvideos von einer heimischen Verladestelle sind in meinen Augen nur die Spitze eines gewaltigen Eisberges. Kälber werden mit Rohren blindwütig geschlagen und am Schwanz hochgezogen. So schlimm das ist, aber in jedem europäischen Massenbetrieb passieren schrecklichere Dinge. Was an diesem Fall irritiert ist dass er vor der eigenen Haustür passiert, heimische Bauern tatenlos zusehen, und der zuständige Amtstierarzt eigentlich nichts dabei findet … Alltag in österreichischen Betrieben und Schlachthöfen? Jeder der mit Kühen und Kälbern zu tun hat sollte an sich wissen, dass die Tiere nur sturer werden, je mehr auf sie eingeschlagen wird. Das nützt genau gar nichts, außer dass die eigene Wut abreagiert wird.
Wie Tierärztin Tanja Warter in den Salzburger Nachrichten diese Woche anschaulich geschildert hat, erstarren Kälber, wenn sie Angst haben. Das Tier rührt sich keinen Millimeter mehr, egal wie sehr es geschlagen wird. Rinder gelten daher als bockig, obwohl sie nur empfindlich sind. Auf Lärm, ungewohnte Umgebung und Geräusche, fremde Menschen, unterschiedliche Bodenbeläge, wechselnde Lichtverhältnisse. Tier sind keine Roboter sondern haben Gefühle wie wir Menschen. In vielen Fällen wahrscheinlich sogar mehr als Viele von uns. Das macht sie als Nutztiere unbequem. Weil sie sich nicht so benehmen, wie der profitabelste Weg vorsieht. „Die Gewinnspannen sind sehr schmal. Daher wird jeder Bauer und jeder Händler danach trachten, dass das Tier heil ankommt“, wird Amtstierarzt Christophorus Huber in der SN zitiert!
Kann also sein, dass es in Zukunft ungemütlicher wird in meiner Gesellschaft ein Schnitzel zu essen, und nicht zu wissen, ob es artgerecht gehalten wurde. Und woher die Eier für die Panier kommen!
Mahlzeit!
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