„Sie sind psychisch krank“
Trauer kennt kein Drehbuch.
Aber die Verabschiedung von Verstorbenen unterliegt in allen Kulturkreisen festen Ritualen und Konventionen.
Es sind ungeschriebene Regeln, vom gemeinsamen Gebet vor der Beerdigung, bis zum anschließenden sog. „Leichenschmaus“.
Jahrhundertelang gepflegte Traditionen, die Angehörigen und Trauergästen gleichermaßen Halt vermitteln sollen. Jeder kennt seine Rolle. Allerdings werden diese Zeremonien zunehmend verändert. Viele Hinterbliebene haben individuelle Wünsche und weichen mehr oder weniger vom bisher vorgezeichneten Weg der römisch katholischen Kirche ab.
Barbara Pachl-Eberharter hat einen radikal anderen Weg beschritten. Als sie durch einen Verkehrsunfall ihren Mann und ihre zwei kleinen Kinder verliert, wird die Beerdigung als buntes fröhliches Fest inszeniert. Eine große Party, mit Luftballons, Clowns und lebhafter Musik.
Die Autorin, die den Verlust ihrer Familie in zwei Bestsellern verarbeitet hat, war kürzlich auf Einladung der Selbsthilfegruppe „Leben ohne Dich“ in Bruck zu Gast. Sie fesselte das Publikum nicht nur mit der Schilderung ihrer berührenden Trauererfahrungen, sondern auch mit ihrer beeindruckenden Persönlichkeit.
Die tragischen Erlebnisse dieser starken Frau ziehen in ihren Bann. Man mag sich nicht ausmalen, was sie durchgemacht hat, bekommt feuchte Augen, als sie erzählt, wie sie noch um das Leben der kleinen Fini gebangt hat. Vergeblich. Aus einer glücklichen vierköpfigen Familie wurde ein trauernder Single. „Vier minus Drei“ lautet daher auch der Titel ihres ersten Buches, in dem sie den Unfall und die Zeit danach schildert.
In dem aktuellen Buch „Warum gerade du?“ finden sich persönliche Antworten auf die großen Fragen der Trauer. Trauer ist eine sehr individuelle Erfahrung. Jeder erlebt sie anders, jeder geht anders damit um.
Es gibt vermutlich nicht viele Menschen, die die Kraft von Pachl-Eberhart haben, und so mit schweren Schickssalschlägen umgehen. Manches sieht sie heute aus einer anderen Perspektive. Auch die Party-Beerdigung: „Meine Schwiegereltern hatten dort keinen Platz für ihre Tränen“, erzählt sie rückblickend.
Für sie selber sei das damals aber die passende Entscheidung gewesen. Sie habe als junge Mutter mit dem Tod damals noch keine Erfahrung gehabt und daher auch die Konventionen gar nicht gekannt. Die seien ihr erst hinterher nahe gelegt worden. Man könne ohnehin nichts richtig oder falsch machen, aber: „Rituale haben ihren Sinn“, erkennt sie heute. Auch Schwarz zu tragen, was Trauernde vielleicht davor bewahre, sich zu schnell zu sehr wieder ins Leben zu stürzen.
Die Urne mit der Asche ihrer Familie steht übrigens immer noch bei ihr zu Hause. Sie hat noch nicht darüber entschieden, was damit passieren soll. Vielleicht auch das ein wunder Punkt für die Schwiegereltern, die lieber ein Grab für den Sohn und die Enkelkinder hätten? Trauer kennt kein Drehbuch. Schwierig ist, wenn die Wünsche und Vorstellungen von Angehörigen stark voneinander abweichen. Dann kommt zum Schmerz des Verlustes vielleicht noch Ärger darüber, dass die eigenen Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden.
Die Trauer ist eine grausame Begleiterin, die den Alltag von Betroffenen zur Hölle machen kann. Darum gibt es Selbsthilfegruppen, Bücher, Seminare und viele andere Angebote, die den Umgang mit diesen Gefühlen erleichtern können. Nehmt es in Anspruch, wenn ihr selber von einem Schicksalsschlag betroffen seid. Nehmt betroffene Freunde unter eure Fittiche und unterstützt sie dabei Hilfe zu finden. Tabu sind Sätze wie „Von so etwas erholt man sich nie wieder“ oder „Sie sind psychisch krank“, die Barbara Pachl-Eberhart zu hören bekam.
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