Fleisch- & freudlos?
„Der Autor nachfolgender Zeilen beobachtet, dass im vegetarischen Supermarkt oft nicht nur die Ware ein bisschen welk, sondern auch ihr Käufer blass aussieht.“ Soweit Herr Andreas Schwarz in einer aktuellen Glosse im Kurier.
Keine Ahnung woher der Schreiberling, bekennender Leberkäsefan, diese Erkenntnis gewonnen hat. Scheint er doch nicht wirklich der Typ, der sich in vegetarischen Supermärkten herumtreibt. Aber das Klischee von den freudlosen Vegetarierern mit ihrem noch freudloseren Essen, das kommt in der Gesellschaft anscheinend immer noch gut an.
DiePinzgauerin ist inzwischen schon länger Vegetarierin, als sie Fleisch gegessen hat.
Deswegen sehe mich weder als Moral-, noch als Gesundheitsapostel. Ich habe vor langer Zeit für mich entschieden, aus ethischen Gründen kein Fleisch zu essen. Seither bin ich weder verhungert, noch an Mangelernährung zugrunde gegangen, wie mir vielfach prophezeit worden ist. Vor allem aber habe ich noch nie das Gefühl gehabt mir etwas zu versagen und ich träume auch nicht jede Nacht von Schnitzel und Grillhendl.
Das einzig Lästige an meinem Lebensstil ist, dass ich ihn ständig verteidigen muss.
Haha, ja ich weiß schon, Salatköpfe haben auch eine Seele und ich esse den armen Tieren ihr Futter weg. Diese komische Sekte zu der ich gehöre, plant sicher bald die Übernahme der Weltherrschaft… So weit so hinlänglich bekannte „Scherze“.
Aber selbst hartgesottenen Vegetarierinnen wie mir kommen immer wieder Argumente unter, die mich sprachlos machen. Aktuell eine sogenanntepolemische Betrachtungvon Michael Stadler in den Pinzgauer Nachrichten. Unter dem Titel „Kulinarischer Ariernachweis“ (!) behauptet Stadler, Essen werde immer mehr zur Glaubensfrage, „Es gibt viele verschiedenen Bekenntnisse“. Zu Veganern/Vegetariern fallen dem Autor wahrlich haarsträubende Assoziationen ein:
„Als bedenklich erweist sich der missionarische Eifer von manchen dieser Glaubensvertreter. Vereinzelt halten sich Vegetarier tatsächlich für moralisch bessere Menschen. Sie bekommen dann oft zu hören, dass auch Hitler Vegetarier war. Dies hat jetzt aber überhaupt nichts mit dem historischen Ariernachweis und der Ausgrenzung von „Nichtariern“ […] durch die Nationalsozialisten zu tun. Das war das Produkt einer zutiefst menschenverachtenden Rassenideologie“.
Polemisch betrachtet klingt das in meinen Ohren nach Rinderwahnsinn!
Übrigens halte auch ich mich tatsächlich für einen moralisch besseren Menschen, der keine Tierquälerei unterstützt. Das schließt aber nicht aus, dass ich nicht in anderer Hinsicht zu jeglichen schändlichen Taten bereit wäre. Womöglich könnte ich eine Bank überfallen, das dritte Gebot Gottes missachten oder Politikerin werden. Was macht das also aus mir? Eine Person mit menschlichen Fehlern und Schwächen, die sich erlaubt ihre Mitmenschen rein dadurch zu provozieren, dass sie nicht isst, was bei ihnen mehmals täglich am Speiseplan steht …
Seit 1977 findet am 1. Oktober der Weltvegetariertag statt. Und wir werden immer mehr … Waren es 2005 noch rund 230.000, sind es inzwischen schon 760.000 ÖsterreicherInnen, die sich fleischlos ernähren, das sind 9 % der Bevölkerung. Dennoch kein Grund zur Panik Herr Stadler. Wir werden ihnen ihren Schweinsbraten nicht wegnehmen. Aber hoffentlich eines Tages dafür sorgen, dass die Auswüchse der Massentierhaltung bald nur noch eine Fußnote der Geschichte sind.
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