Palmwedel
„Ein Gschau muss er haben.“
Die Rede ist vom perfekten Palmbuschn. Der braucht streng nach Überlieferung sieben verschiedene „Zutaten“:
- Palmkatzerl
- Haselnußstecken
- Eiben
- Thujen
- Wacholder
- Stechpalmen
- Buchs
Aber das Wichtigste überhaupt, ist der professionelle Binder. Weil wer das Handwerk nicht beherrscht, dessen Buschn wird vor dem strengen Auge Gottes womöglich keine Gnade finden. Vor den prüfenden Blicken von Peter Weißbacher jedenfalls ganz bestimmt nicht.
Der Rettungssanitäter bindet mit einem Team von HelferInnen die Palmbuschen für den traditionellen Ostermarkt des Roten Kreuzes. Niemand geringerer als Mundartdichter Max Faistauer hat ihn in diese Kunst eingeweiht. Der Peter hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Brauch weiter zu führen. Und zwar genau so, wie er es von der älteren Generation übernommen hat. Auch wenn das eine sehr aufwändige und mühsame Technik ist. „Ich bin ja kein Schwindler“, protestiert er empört auf die Frage, ob man nicht doch die eine oder andere Machart vereinfachen könnte.
Vor allem das Zuschneiden der Weidengerten ist nämlich nicht nur sehr viel Arbeit, das heißt eine richtige Schinderei eigentlich, sondern dabei fließt auch regelmäßig Blut. „Das ist nicht tragisch, wir sind ja beim Roten Kreuz“, scherzt Peter, der sich auch heuer wieder ordentlich geschnitten hat. Schlimm nur, wenn es sich mit Verband nicht mehr weiter arbeiten lässt. Weil für die Gerten für rund 100 Buschn geht sehr viel Zeit auf.
Das Gemeine an der Arbeit ist nämlich, wenn man abrutscht und sich verschnitzt. Dann war nicht nur die ganze Arbeit umsonst, auch die Gerte kann dann nicht mehr verwendet werden. Die sind aber rar, weil natürlich braucht es gute, mindestens 2 Meter lange Gerten, die man um den Steckn wickeln kann. „Mehr als 20 Gerten schaffe ich nicht, dann muss ich es lassen“, sagt sogar der Peter.
Spätestens an diesem Punkt kommt einem ahnungslosen neutralen Beobachter der Gedanke: „Warum tut man sich das an?“ Oder „Warum macht man sich das Leben als Buschnmann nicht doch ein bissl leichter?“ Eine Frage, die man dem Peter besser nicht stellt, weil wie gesagt – er ist ja kein Schwindler. Bast oder sonstiges ketzerisches Material kommt bestimmt nicht in Frage. Der Palmbuschn wird gemacht, wie das die Vorfahren schon getan haben. Nur – das ist noch ein langer Weg, wir stehen erst am Anfang …
Ist die Gerte erfolgreich geschnitzt, wird sie eingeweicht, um sie biegsamer zu machen. Dann wird das vorbereitete Grünzeug zusammengestellt und an den Haselnußstecken gebunden. Die Sträucher werden aus heimischen Gärten zusammengeschnorrt. Der Peter hat seine Quellen, wo er sich freundlicherweise immer wieder bedienen darf. Die Katzerl mussten wegen dem milden Winter heuer bereits im Februar geerntet werden.
Jetzt kommt die nächste heikle Phase: dieses konische Gebilde muss nun so mit der Gerte umwickelt werden, dass es nicht nur schön ausschaut, sondern auch hält. Gut hält. Ist gar nicht so einfach und ein bissl Nervensache. Obwohl, im Vergleich zum Schnitzen…
Ist bis hierher alles gut gegangen, gilt es nur noch die bunten Seidenbänder anzubringen, und fertig ist der Buschn. Nur ein Buschn wohlgemerkt. Mindestens hundert werden gebunden! Kein Wunder also, dass sich der Organisator zwei Wochen Urlaub genommen hat, für die Vorbereitungen. Mehrere Tage lang arbeiten die Helfer zusammen, damit alles pünktlich für den Ostermarkt fertig wird.
Der wird bereits seit 20 Jahren vom Roten Kreuz veranstaltet. Das ist im Pinzgau eine einzigartige Tradition, auf die man in der Dienstelle St. Martin entsprechend stolz ist und sie in bewährter Weise fortführen wird. Das Geld aus dem Erlös kommt dem eigenen Team zugute.
Wer gern so einen Palmbuschen erwerben will, sollte sich am Samstag rechtzeitig in der Rot Kreuz Garage einfinden. Die Dinger gehen weg wie die warmen Semmeln… Und besser ungefrühstückt erscheinen, denn es gibt wie immer Selbstgemachtes von den Bäuerinnen. Eine riesige Auswahl an Kuchen, Brot, Käse usw. erwartet die Besucher. Wer trotzdem noch Hunger hat, kann sich erstmals auch mit Leberkässemmerl stärken.
Schöne Bräuche gilt es zu unterstützen. Das Rote Kreuz sowieso. In diesem Sinne hoffe ich wir sehen uns alle morgen beim Palmeinkauf.
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