Harmonische Rauchschwaden
Wahl-Bilanz im kleinen beschaulichen St. Martin: Sechs Parteien die zur Wahl antreten, mit vier Kandidaten, die sich um das Amt des Bürgermeisters bemühen.
Das wird in den Medien gern so dargestellt, als wären hier die politischen Streithanseln daheim. Man könnte es natürlich auch positiv formulieren und das große politische Engagement der St. Martiner loben … Bei der im Vorfeld viel kritisierten Diskussionsrunde haben jedenfalls alle Kandidaten politische Reife bewiesen. Der Held der Stunde war aber zweifellos Moderator Georg Schreder.
Kandidaten (stehend v. l.): Toni Millinger (Team St. Martin), Alexander Ruhs (Grüne), Willi Leitinger (WPS) und Günther Schmuck (SPÖ) mit Moderator Georg Schreder. (Entschuldigt Hans Holzer, FPÖ)
Von Schreder (besser bekannt als Ofenloch Schurl) stammte die Idee zur gemeinsamen historischen Podiumsdiskussion. Wegen seiner Vergangenheit bei der WPS (Wählergemeinschaft Pro St. Martin) stellte die ÖVP jedoch seine Neutralität als Moderator in Frage. Bürgermeister Sepp Leitinger stimmte einer Teilnahme vorerst trotzdem zu. Dann erfolgte überraschend eine Absage mit der Begründung, so eine Veranstaltung brauche eine 1100 Einwohner Gemeinde nicht. Als klar war, dass die anderen Parteien die Diskussion auch ohne den amtierenden Bürgermeister führen würden, änderte sich der Tenor erneut. Die ÖVP St. Martin sei bereit über den eigenen Schatten zu springen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass ein unabhängiger Journalist die Diskussion leiten müsse.
Das erschien den anderen fünf Teilnehmern nicht notwendig. Sie bevorzugten einen Insider, dem die Gemeinde und ihre Verhältnisse bestens bekannt sind. Wenn ein Heinz Bayer in Saalfelden die Diskussion leiten kann, der seine Heimat häufig öffentlich kritisiert, z. B. für das hässliche Gewerbegebiet in Harham, warum sollte man Georg Schreder nicht eine Chance geben? Man hatte dem Bürgermeister zwar bis zuletzt eine Teilnahme angeboten, aber da führte kein Weg mehr zueinander.
Sepp Leitinger saß vermutlich daheim auf der Couch und verfolgte die Diskussion via live Stream im Internet.
Auch das eine revolutionäre Premiere in St. Martin. Um Platzprobleme wie bei der Präsentation der Pläne des Gesundheitsdorfes zu vermeiden, wurde ein Live Stream eingerichtet, der bisher 830 Zugriffe verzeichnet (siehe facebook, Saalachtal Live). Für alle die keine Zeit hatten oder sich die Debatte nochmal anschauen wollen eine großartige Möglichkeit. Pionier Johannes Schlechter wird mit dieser Idee möglicherweise zum Trendsetter.
Für alle, die trotzdem von mir hören wollen wie’s gewesen ist. Erfreulich sachlich, überraschend professionell, absolut gelungen! Schreder war ausgezeichnet vorbereitet und hat auch nicht das winzigste Detail dem Zufall überlassen. Er ging sogar soweit, den Saal vorher von Kräuterexpertin Lisbeth Schmiderer ausräuchern zu lassen. Nutzt’s nix, schad’s nix, waren sich beide einig. Nach einer Reinigungsräucherung erfolgte die Harmonisierung des Raumes mit Lavendel, Rose, Ysop und einigen Kräutern, die sich positiv auf das Gemüt auswirken.
Der Aufwand hat sich gelohnt. Es wurde weder untereinander gestritten, noch auf dem abwesenden Elefanten herumgetrampelt. Das lag sicher nicht nur an der fairen Haltung der Teilnehmer, sondern ist ein Verdienst des Moderators, der sehr konsequent auf die Beantwortung von Fragen bestand, auf die Einhaltung der befristeten Redezeit achtete und sogar eine Frage aus dem Publikum ablehnte, weil sie ihm zu heikel erschien.
Also absolut zivilisiert, und für Wählerinnen und Wähler auf jeden Fall interessant zur Meinungsbildung. Zumal sich z. B. mit Alexander Ruhs (Grüne) ein Quer- bzw. Neueinsteiger präsentieren konnte, der bisher ein politisch unbeschriebenes Blatt ist. Der junge Installateur hat sich hervorragend geschlagen und punktete mit authentischem Auftreten und klugen Statements.
Aus journalistischer Sicht war die Diskussion fast zu brav. Die Teilnahme des Bürgermeisters hätte der Veranstaltung natürlich mehr Würze verliehen. Ohne ihn war selbst das brennende Thema Therme kein Aufreger, weil sich die Anwesenden am Podium einig waren, dass Schluss sein muss mit den „Turmträumereien“. (© Vizebürgermeister Willi Leitinger)
Trotzdem, in meinen Augen hat er nicht gefehlt. Im Gegenteil, so erhielten alle anderen Kandidaten ausgiebig Gelegenheit sich zu präsentieren. Sicher interessanter, als wieder einmal hören zu müssen, dass die Chancen für den Turm jetzt besonders gut seien!
Ich denke eher es stehen die Chancen für einen Bürgermeister Willi Leitinger besonders gut … Wann wenn nicht jetzt ist die Zeit reif für einen Wechsel?
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